Zahlreiche innovative Produkte wurden von der Natur inspiriert, doch die Unternehmen kommunizieren dies nicht. Der Grund für die versteckte biologische Herkunft einiger Produkte liegt wahrscheinlich im Patentrecht. Denn hier gilt, was die Natur schon erfunden hat, ist lediglich eine Nacherfindung und hat einen geringen Stellenwert bei der Patentanmeldung. So verfügen viele moderne Kraftfahrzeuge über Achsschenkel oder Motoraufhängungen, die mit Hilfe der Evolutionsstrategie konstruiert und optimiert wurden, ohne, dass hierauf explizit hingewiesen wird. Die Evolutionsstrategie fußt auf der Frage, wie die Natur selbst zu ihren Konstruktionen kommt. Die Antwort heißt: Evolution. Warum nicht davon lernen, wie die Natur selbst arbeitet? Die drei Prinzipien der evolutionären Entwicklung sind: Mutation, Rekombination und Selektion. Wendet man diese drei Prinzipien auf technische Konstruktionen an, so arbeitet man nach der Evolutionsstrategie. Hierbei helfen Computersimulationen, bei denen einzelne Parameter verändert werden. Wird das Ergebnis zum Positiven hin verändert, so wird auf dieser Basis fortgefahren; wird es hingegen schlechter, so wird es verworfen. Auf diese Weise errechnet der Computer innerhalb kürzester Zeit beispielsweise die ideale Form, welche die vorgegebenen Belastungen mit dem geringstmöglichen Materialaufwand abfängt.
Die ersten bionisch inspirierten Patente
Das allererste bionische Patent erhielt im Jahr 1919 Raoul Heinrich Francé (1874-1943) für seinen Salzstreuer nach dem Vorbild der Mohnkapsel. Eine weitere große Erfindung ließ sich Georg de Mestaral (1907-1990) im Jahr 1951 patentieren: den Klettverschluss. Doch auch heute noch ist es nicht immer einfach eine Erfindung, die ihren Ursprung in der Natur hat, als Patent anzumelden. Denn für ein Patent muss eine gewisse Patenthöhe erreicht werden. D.h. die Grundidee muss neu sein und wenn die Natur es schon erfunden hat, so handelt es sich lediglich um eine Nachentdeckung. Deshalb wird in den Patentanmeldungen auf die Nennung eines natürlichen Vorbilds häufig gänzlich verzichtet. Denn letztlich ist es für die Erfindung ohne Belang, ob diese bionisch inspiriert war oder nicht. So kommt es, dass in vielen Produkten Bionik drin steckt – doch es steht nicht explizit drauf!
Die bekannteste bionische Erfindung: Der Lotus-Effekt®
Die wohl bekannteste bionische Entdeckung ist der Lotus-Effekt®. In den 1970er Jahren ist Wissenschaftlern aufgefallen, dass einige Blätter, darunter das Lotosblatt, immer sauber waren. Daraufhin schauten sie genauer hin und stellten fest, dass die Oberflächen dieser Blätter nicht glatt, sondern rau sind. Nachdem das Prinzip der Selbstreinigung erkannt und verstanden war, konnte das Prinzip auf eine Fassadenfarbe übertagen werden. Die Entdeckung selbstreinigender Oberflächen nach dem Lotus-Effekt® ist der bislang größte kommerzielle Erfolg der bionischen Forschung.
Moderne bionische Produkte
Der mit dem Deutschen Zukunftspreis 2010 ausgezeichnete bionische Handling-Assistent von Festo ist nach dem Vorbild des Elefantenrüssels entwickelt worden. Der Greifarm ist flexibel, überträgt hohe Kräfte und dient als präzises Greifwerkzeug. Er besteht aus drei Grundelementen zur räumlichen Bewegung sowie einer Handachse und einem Greifer mit adaptiven Fingern.
Weitere Produkte sind beispielsweise Unterwassermodems nach dem Vorbild der Delphin-Kommunikation, selbstklebende Folie nach dem Vorbild des Geckos, Fassadenbeschattungen mit einem Klappmechanismus ohne Gelenke und Scharniere nach dem Vorbild der Papageienblume und Dübel nach dem Vorbild der Mundwerkzeuge von Zecken.
Quellen:
- Pressetext.de: Bionik: Industrie versteckt Vorbilder aus der Natur,17.03.2011
- Pressetext.de: Bionik funktioniert! Fast alle Autos haben bionisch optimierte Bauteile, 22.03.2011
- Elektroniknet.de: "Rüsselgreifer" gewinnt Deutschen Zukunftspreis 2010,