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Tsunami-Warnsystem: Datenübertragung nach dem Vorbild des Delfinfunks

Delfin - Quelle: Pixabay
Delfin - Quelle: Pixabay

Gute Augen nützen Meereslebewesen bei der Orientierung unter Wasser, wegen der schlechten Sicht, wenig. Deshalb nutzen viele Fische akustische Signale, um sich im trüben Wasser zu Recht zu finden. Diese Töne hört auch der Mensch. Taucher berichten über Knack-, Knurr-, Klick-, Grunz- und Trommellaute unter Wasser. Doch Schallwellen dienen nicht ausschließlich der Orientierung. So nutzen beispielsweise Delfine Ultraschallwellen zur Kommunikation.

Im Unterschied zu Lichtwellen absorbiert Wasser Schallwellen kaum. Zudem breiten sich Schallwellen über wesentlich größere Distanzen unter Wasser aus. Nachteilig sind die relativ niedrige Ausbreitungsgeschwindigkeit und die hohe Störanfälligkeit von Schallwellen im Wasser. Störend wirken beispielsweise Wellen oder Fischschwärme sowie Wasserschichten unterschiedlicher Temperatur und Salzkonzentration. Einzelne Signalkomponenten können so unterschiedliche Wege nehmen und treffen mit einem leichten Zeitversatz beim Empfänger ein. Hieraus ergeben sich Überlagerungen, Verzerrungen und Nachhalleffekte.

Delfinfunk
Trotz dieser vielfältigen Störfaktoren gelingt es Delfinen, über große Entfernungen miteinander zu kommunizieren. Der Trick des Delfingesangs ist dem „Partyeffekt“ vergleichbar. So gelingt es uns Menschen, in einem überfüllten Raum mit starker Geräuschkulisse einer einzelnen Person zu zuhören. Die restlichen Stimmen blendet man einfach aus. Dies funktioniert jedoch nur, weil die Gespräche nicht monoton, sondern mit einer ausgeprägten Sprachmelodie erfolgen. Genau diesen Effekt nutzen Delfine. Sie variieren ständig die Frequenz (Tonhöhe) ihrer Basislaute (Trägerfrequenz). Erfolgt eine kontinuierliche Veränderung der Signalfrequenz, so treffen die einzelnen Signalkomponenten zeitlich versetzt mit jeweils anderer Frequenz beim Empfänger ein. Hierdurch können die Delfine die Einzelinformationen identifizieren und bei der Signalverarbeitung wieder in die richtige Reihenfolge bringen. Mit dieser Basissignatur arbeiten alle Tiere einer Herde. Gleichzeitig verwenden Delfine eine zweite Signatur, um die eigentliche Information zu kodieren. Zur Übertragung der Hauptinformation nutzen sie Amplituden-, Phasen- oder Frequenzmodulationen.

Deutsch-Indonesisches Tsunami-Frühwarnsystem
Nach der verheerenden Tsunami-Katastrophe in Indonesien im Jahre 2004 wurde das Projekt eines deutsch-indonesische Tsunami-Frühwarnsystems (German Indonesian Tsunami Early Warning System, GITEWS) wurde unter der Führung des Geoforschungszentrums Potsdam zusammen mit 20 nationalen und internationalen Partnerorganisationen ins Leben gerufen. Für das Frühwarnsystem wendeten die Bionik-Forscher das Prinzip der variablen Trägerfrequenz an und entwickelten ein Unterwassermodem zur Datenübertragung.

Funktionsweise des Warnsystems
Am Meeresboden wird ein seismischer Sensor installiert. Der Druckfühler erfasst minimale Veränderungen des hydrostatischen Drucks, was einer Änderung der Höhe der Wassersäule über dem Messgerät entspricht. Die Empfindlichkeit des Drucksensors ist so hoch, dass er selbst geringe Höhenänderungen von nur wenigen Millimetern erfasst. Aus diesen Daten lässt sich berechnen, ob ein Erdbeben oder ein Erdrutsch eine Tsunami-Welle auslöst oder nicht. Denn auf offener See erzeugen Tsunamis lediglich leichte Wellen, während sie sich an der Küste zu Riesenwellen entwickeln.
Wurde ein Tsunami ausgelöst, so muss die Warnmeldung schneller weitergeleitet werden, als die Riesenwelle sich ausbreitet. Um diesen Zeitvorsprung zu gewährleisten, wird das Warnsignal mittels des Unterwassermodems an die Wasseroberfläche übermittelt. Dort wird es von einem Empfänger in einer Boje aufgefangen und an einen Satelliten, der die Werte an die Warnstationen an Land weitergibt, übermittelt. Oft bleiben nur wenige Minuten für eine Warnmeldung an die Bevölkerung – doch diese Minuten können unter Umständen Leben retten.

GITEWS – eine gute Idee, die in ihrer Umsetzung gescheitert ist
Bei einem Tsunami im Oktober 2010 hat das Warnsystem nicht funktioniert. Das lag zum einen daran, dass mehrere Bojen in der Warnkette defekt waren. Zum anderen erfolgt das Seebeben in großer Nähe zu den indonesischen Inseln, so dass die Warnmeldung zeitgleich mit dem Tsunami eintraf. Am 29. März 2011 wurde das Tsunami-Frühwarnsystem feierlich in Jakarta an Indonesien übergeben und damit das GITEWS-Projekt beendet. Bereits im Oktober 2011 wurde gemeldet, dass sämtliche Bojen des Systems außer Betrieb seien, weil sie entweder durch festgemachte Fischerboote oder durch Vandalismus zerstört wurden. Die Verantwortung hierfür liegt bei den Indonesiern. Heute verlässt man sich auf andere Messinstrumente für Tsunami-Meldungen, wie hochpräzise GPS-Empfänger, die die Verformung des Ozeanbodens durch ein Beben messen. Hieraus lassen sich dann Tsunami-Modellierungen erstellen, die eine schnelle Warnmeldung an die Bevölkerung ermöglichen.

Quellen und weiterführende Informationen:

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