Gliazellen sind neben den Neuronen stark an der Hirntätigkeit beteiligt.
Das menschliche Gehirn setzt sich aus zwei unterschiedlichen Zelltypen zusammen: den Nervenzellen oder auch Neuronen und den Gliazellen. Lange Zeit hat man angenommen, dass die Gliazellen reine Stütz- und Haltefunktion übernehmen und eine Art Zellkitt darstellen.
Was sind Gliazellen?
Glia leitet sich von dem griechischem Wort für "Leim" ab, weshalb der Entdecker dieser Zellart, Rudolf Virchow, ihnen Mitte des 19. Jahrhunderts den Namen Gliazellen gab. Neben der reinen Stützfunktion und der Versorgung der Nervenzellen mit Nährstoffen sowie der Isolation der Neuronen, beteiligen sich Gliazellen jedoch auch an der Kommunikation im Gehirn und sie spielen möglicherweise auch eine Rolle bei der Entstehung von Epilepsien.
Die Moderne Gliaforschung hat in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren herausgefunden, dass Gliazellen maßgeblich am Stoff- und Flüssigkeitstransport sowie an der Aufrechterhaltung der Gehirnfunktionen beteiligt sind. Zudem wirken sie mit bei der Informationsverarbeitung, -speicherung und -weiterleitung, welche hauptsächlich durch die Neuronen erfolgt.
Rund 90 Prozent aller Gehirnzellen sind Gliazellen. Sie machen somit einen Großteil des Hirngewebes aus. Gliazellen unterteilt man in drei Gruppen: Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikrogliazellen.
Astrozyten
Die Astrozyten regulieren unter anderem die molekulare Zusammensetzung des Extrazellulärrraumes. Sie haben Kontakt zur Blut-Hirn-Schranke und zu Synapsen von Neuronen. Die Blut-Hirn-Schranke stellt eine physiologische Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem Zentralnervensystem dar. Sie schützt das Gehirn so vor im Blut zirkulierenden Krankheitserregern, Toxinen und Botenstoffen. Die Blut-Hirn-Schranke ist somit ein selektiver Filter, über die dem Gehirn notwendige Nährstoffe zugeführt und entstandene Stoffwechselprodukte abführt werden.
Bei Epilepsie-Patienten sind die Astrozyten stark dezimiert oder verändert. Noch ungeklärt ist die Frage, ob die Veränderung der Astrozyten eine Folge der Epilepsie-Anfälle ist oder ihr Auslöser.
Oligodendrozyten
Oligodendrozyten bilden die so genannten Myelinscheiden um Nervenfasern. Die fettreiche Biomembran umgibt die Neuronen spiralförmig und isoliert die Nervenfasern elektrisch – ähnlich der Kunststoffhülle eines elektrischen Kabels. Hierdurch wird die schnelle Signalübertragung der Neuronen gewährleistet.
Mikrogliazellen
Mikrogliazellen stellen die Abwehrzellen des Gehirns dar. Sie geben eine Immunantwort und sind bei Hirnschädigungen oder neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt. So konnte man beobachten, dass Mikrogliazellen bei der Verletzung eines Blutgefäßes innerhalb weniger Minuten aktiv werden. Dies geschah durch gezieltes Auswachsen der Zellfortsätze in Richtung der verletzten Stelle, um diesen Gefäßabschnitt abzudichten.
Potential der Gliazellen
Auch bei der Entstehung von neuronalen Synapsen sind Gliazellen beteiligt. Somit steuern die Gliazellen unter anderem die Entwicklungsprozesse im Gehirn von Neugeborenen. Denn sämtliche Kommunikation zwischen Nervenzellen verläuft über Synapsen.
Gliazellen haben sogar das Potential andere Zelltypen zu bilden. Damit haben sie ein ähnliches Potential wie Stammzellen. So können sich Gliazellen während der Entwicklung des Gehirns in Neuronen umwandeln. Diese Fähigkeit verlieren sie jedoch später, so dass sie zum Beispiel in einem erwachsenen Gehirn keine Neuronen mehr ersetzen können.
Quellen:
- Max-Planck-Gesellschaft: Neue Einblicke ins Gehirn – Beobachtungen von Gliazellen in der intakten Hirnrinde (PDF)
- IDW: Neuronen aus anderem Zelltyp erzeugt - Hoffnung auf Therapie bei Gehirnverletzungen, 10.08.2007
- Youtube: uni-bonn.tv: Gliazellen kommunizieren (06:37), veröffentlicht: 25.04.2012