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Spinnenseide: stabil und elastisch

Spinnennetz
Spinnennetz © Martina Rüter

Spinnenseidefäden sind fest wie Stahl, dehnbar wie Gummi und dabei enorm reißfest. 
Der Seidenfaden der Spinne ist eine einzigartige Naturfaser. Belastungstests mit natürlichen Spinnenfäden ergaben, dass diese bis zu fünf Mal fester als Stahl sind. Dabei sind die Fäden im Schnitt zehn Mal dünner als ein menschliches Haar. Gleichzeitig lässt sich dieses Naturprodukt auf die dreifache Länge dehnen, bevor es reißt. Die Dehnbarkeit übersteigt damit die eines Nylonfadens. Das besondere an den Seidenfäden ist, die Kombination der Eigenschaften stabil und elastisch. Künstliche Fasern wie Nylon oder Keflar besitzen immer nur eine dieser Eigenschaften. Außerdem ist Spinnenseide - im Gegensatz zu Kunstfasern - vollständig biologisch abbaubar.

Spinnen sind in der Lage, bis zu sieben verschiedene Seidenarten zu produzieren – je nach Einsatzzweck. So kann ein Faden dick, dünn oder gar klebrig sein. Unabhängig von der Art des Fadens bestehen alle Spinnenfäden aus Eiweißmolekülen. Dabei entscheiden die Reihenfolge der einzelnen Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße, und die räumliche Anordnung der Aminosäureketten über die Eigenschaft des produzierten Fadens. So besteht der Haltefaden der Spinne aus vielen Einzelsträngen, wodurch er besonders fest wird.

Künstliche Spinnenseide
Da Spinnen kannibalistisch veranlagt sind, ist eine Spinnenzucht zur Gewinnung des kostbaren Materials nicht realisierbar. Außerdem produzieren Spinnen in Gefangenschaft weit weniger Spinnenseide als in freier Natur. Deshalb versuchten Genforscher das Geheimnis zu lüften. Tatsächlich ist es den Wissenschaftlern schon seit längerem gelungen, den genetischen Code von Spinnenseide zu entschlüsseln. Bislang blieben jedoch alle Versuche zur Produktion von Spinnenseide erfolglos. Egal in welchen Wirt die der DNA-Teil, der für die Herstellung der Seide verantwortlich ist, eingepflanzt wurde, nie kam dabei ein den Spinnen vergleichbarer Faden heraus. Die gentechnisch erzeugten Fäden waren instabil, zu dick oder besaßen die falsche Konsistenz. Das liegt wohl vor allem an der Art und Weise, wie Spinnen den Faden erzeugen: Sie pressen ihn nicht heraus, sondern ziehen den Faden mit ihren Beinen heraus.

Deshalb ist man dazu übergegangen den natürlichen Herstellungsprozess der Spinnenseidenfäden im Labor künstlich nachzustellen. Hierdurch ließen sich  die chemischen und physikalischen Bedingungen, unter denen sich ein Faden im Spinnkanal bildet, genauer untersuchen. Der künstliche Spinnkanal besteht aus einer Plexiglas-Platte mit winzigen Kanälen. Durch sie fließt die Lösung mit den Protein-Bausteinen für die Spinnenseide. Mit Hilfe dieser Apparatur ließen sich so auch Strömungs-Experimente mit sehr geringen Flüssigkeitsmengen durchführen. Eines der Ergebnisse ist, dass ein stabiler Faden nur entsteht, wenn eine Veränderung der Fließgeschwindigkeit im Kanal auftritt. Diese bewirkt, dass die bis dahin kugelförmigen Eiweißproteine in die fadenförmige Form überführt werden können.

Anwendungsmöglichkeiten von künstlicher Spinnenseide
Das Einsatzgebiet von künstlich hergestellter Spinnenseide ist riesig. So würden sich die Fäden hervorragend in der Medizin zum Vernähen von Wunden eignen, da die Fasern nicht vom Immunsystem des Körpers abgestoßen werden. Selbst durchtrennte Nervenfasern ließen sich mit künstlichen Spinnenseidefäden zusammen nähen. Medizinischen Untersuchen zufolge soll das Material offenbar dazu beitragen, dass Nervenzellen wieder zusammenwachsen.

Eine weitere medizinische Anwendungsmöglichkeit besteht darin, dass man die Seidenproteine nicht zu Fäden zieht, sondern Kapseln herstellt. Da das menschliche Immunsystem die Seidenproteine nicht als Fremdkörper ansieht, könnte man Arzneikapseln verwenden. Zusätzlich könnte man die Kapseln mit einem Erkennungsmolekül ausstatten, so dass diese an ganz bestimmten Zellen andocken und erst dort den Wirkstoff aus der Kapsel freisetzen.

Könnte man die heute verwendeten Kunststoff-Fasern, wie beispielsweise PVC, durch industriell hergestellte Spinnenseide ersetzen, so wäre man langfristig vom Rohstoff Öl, aus dem Kunststoffe produziert werden, unabhängig.

Quellen:

 

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