Zellulose gilt als einer der wichtigsten biologischen Rohstoffe. Natürliche Zellulose ist ein nachwachsender und vollständig abbaubarer Rohstoff. Naturfasern wie Baumwolle, Hanf, Flachs und Jute bestehen zu fast 100 Prozent aus Zellulose; Holz enthält einen Anteil von 40 bis 60 Prozent. Zellulose ist ein bedeutender Rohstoff bei der Papierherstellung, aber auch in der chemischen und der Baustoff-Industrie.
Was ist Zellulose?
Zellulose ist der Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden und damit die häufigste organische Verbindung. Chemisch betrachtet ist Zellulose ein Polysaccharid (Vielfachzucker), also eine lange Kette aus Zuckermolekülen (Glucose). Zellulose ist in Wasser und in den meisten organischen Lösungsmitteln unlöslich. Den meisten Pflanzen verleiht die Zellulose ihre innere Struktur. Somit zeichnet sich Zellulose für die Eigenschaften Tragkraft und Stabilität bei geringem Gewicht und hoher Biegsamkeit verantwortlich. Zellulose-Fasern bestehen aus einer Vielzahl von Fibrillen, die wiederum aus zahlreichen, parallel zueinander angeordneten Zellulose-Molekülen bestehen. Zwischen den Fibrillen gibt es viele luftgefüllte Hohlräume.
Zellulose als Nahrungsbestandteil
Kurioserweise können alle höheren Lebewesen einschließlich der klassischen Pflanzenfresser Zellulose im Gegensatz zu Stärke (ebenfalls ein Polysaccharid) nicht selbst im Darm abbauen, obwohl beide Moleküle aus Traubenzuckermolekülen aufgebaut sind. Dazu fehlen ihnen die entsprechenden Enzyme. Hier helfen bestimmte symbiontische Darmbakterien. Auch dem Mensch fehlen diese Zellulose-abbauenden Enzyme. Zellulose ist ein wichtiger pflanzlicher Ballaststoff in der menschlichen Nahrung.
Hightech-Zellulose
Wissenschaftler der Technischen Universität Helsinki haben ein auf pflanzlicher Zellulose basierendes Material entwickelt, das selbst besonders leicht ist. Dazu soll es das bis zu Tausendfache seines Eigengewichts tragen können. Eine Blattschneiderameise kann ungefähr das zehnfache Gewicht ihres eigenen Gewichts transportieren.
Vorbild für die Hightech-Zellulose ist der Wasserläufer. Sie gehören zu den Wanzen und werden zwischen acht und zehn Millimeter groß. Ihre Besonderheit: Sie können über das Wasser laufen. Diese Fähigkeit verdanken Sie feinen Härchen, die sich auf der Unterseite ihrer Tarsen (Füße der Gliederfüßler) befinden. Das Prinzip dahinter entspricht dem des Geckos, der an glatten Wänden hoch und kopfüber an der Decke laufen kann. Dem Wasserläufer kommt die Oberflächenspannung des Wassers entgegen. Die Hightech-Zellulose imitiert die Eigenschaften der Beine des Wasserläufers. Das Material besteht aus zarten Fibrillen Pflanzenzellstoff mit einem hohen Luftanteil. Damit hat es ähnliche Eigenschaften wie Aerogele, die auch als „solid smoke“ (fester Rauch) bezeichnet werden. Aerogel erinnert an gefrorenen Rauch.
Aerogel – fester Rauch
Aerogele sind hochporöse Festkörper, die zu rund 99 Prozent aus Poren im Nanometerbereich bestehen. Ein Aerogel besitzt somit eine feste Form mit hoher Stabilität, gleichzeitig beinhaltet es aber auch sehr viele luftgefüllte Hohlräume. Die Hohlräume in diesem Material könnten beispielsweise Erdölteppiche auf dem Meer wie ein riesiger hauchdünner Schwamm aufsaugen.
Quellen:
- Bionik – Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Werner Nachtigall, Springer Verlag, 2. Auflage, 2002, S. 74-76, ISBN: 3-540-43660-X
- Pressetext: Forscher entwickeln Hightech-Zellulose, 27.03.2012
- Welt Online: Ein Hauch von Stoff, der riesige Gewichte trägt, 29.03.2012