Die Graphenforschung ist äußerst vielfältig angelegt. Durch die hohe mechanische Festigkeit der ultradünnen Schichten und der hohen Leitfähigkeit ist Graphen für eine Fülle von Anwendungen im Bereich der nanoelektromechanischen Systeme geeignet. Graphen basiert auf einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen, die bienenwabenförmig angeordnet sind.
Sensorik
Ein möglicher Anwendungsbereich für Graphen ist die Senorik. So hat ein internationales Team aus Schweden und Deutschland den aktuell weltweit kleinsten Beschleunigungssensor entwickelt. Einsatzmöglichkeiten für den Beschleunigungssensor sehen die Forscher in Handys zu Verbesserung der Navigation, als Schrittzähler und bei Überwachungssystemen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit besteht im Einsatz des Graphen-Beschleunigungssensors in Motion-Capture-Wearables. Mit ihnen können kleinste Bewegungen des menschlichen Körpers erfasst werden. Sie eignen sich u.a. zum Einsatz in computerüberwachten medizinischen Fitness-Anwendungen zur Überwachung der Körperfunktionen.
Intelligente Kleidung
Sensoren an Kleidung von Hobby- und Profisportlern sammeln Daten über die Körperfunktionen und übermitteln diese drahtlos an ein mobiles Gerät (Smartphone). Die herkömmlichen Kleidersensoren werden auf die Kleidung aufgesetzt. Forscher der Univerity of Manchester haben ein Graphen-Garn entwickelt, welches in die Kleidung eingearbeitet werden kann. Die graphenbasierte Kleidung wird damit auch waschbar.
Wasserfilter, die Bakterien, Viren, Giftstoffe und sogar Salz zurückhalten
Insbesondere nach Naturkatastrophen, wie Hurrikans und Tsunamis, die ganze Landstriche verwüsten, entsteht ein großer Bedarf an mobilen Trinkwasserstationen. Der britische Trinkwasser-Aufbereitungsspezialist LifeSaver https://iconlifesaver.com hat bereits einen Wasserfilter entwickelt, der Trinkwasser von Viren befreit. Die Löcher dieses Filters liegen bei einem Durchmesser von 15 Nanometern. Mit Hilfe eines graphenbasierten Filters will LifeSaver nun einen Filter mit einer Porengröße von 1 bis 3 Nanometern herstellen. Damit würden nicht nur Bakterien und Viren, sondern auch Schwermetalle, Pestizide und andere Chemikalien sowie Salz in Molekülform zurückgehalten.
Korrosionsschutz
Pipelines bestehen aus Stahl. Zur Verhinderung von Korrosionsschäden sind sie bislang von Kunststoff überzogen. Das erhöht die Haltbarkeit, aber die Gefahr von Korrosionsschäden bleibt bestehen. Forscher der University of Manchester haben Folien aus Polyamid 11 (auch Nylon 11) mit einer Graphenschicht überzogen. Dieses Material-Sandwich erwies sich selbst bei Temperaturen von 60° Celsius und einem Druck von 400 bar als gasdicht.
Längere Haltbarkeit
Forscher der Universität of Illinois haben eine Vergoldungstechnik auf graphenbasis entwickelt. Mit dieser Graphen-Beschichtung sollen metallische Kunstwerke, Schiffe, Fassaden von Gebäuden und Oberflächen von elektronischen Geräten wie z.B. Smartphones länger haltbar gemacht werden. Die Graphen-Beschichtung schützt vor Abrieb und erhöht den Widerstand gegen mechanische Einwirkungen. Da die Graphen-Schicht nur eine Atomlage dick ist, ist sie transparent.
Graphen macht Gummi noch elastischer
Eine Beigabe von nur einem Promille Graphen macht Gummi um 50 Prozent elastischer, wie Forscher der University of Manchester zeigen konnten. Das so entstandene Komposit-Material könnte so Gummihandschuhe, Gummiringe, Sportbekleidung und Kondome fester und gleichzeitig elastischer machen. Insbesondere Kondome könnten somit dünner und gefühlsechter werden, ohne zu reißen.
Alternatives Herstellungsverfahren für Graphen
Forschern der University of Rochester und der Trechnischen Universität Delft haben eine neue Methode zur Herstellung von industriell nutzbarem Graphen entdeckt. Dazu wandelten sie Graphitpulver in Graphenoxid um. Die Hauptarbeit übernahmen Bakterien der Gattung Shewanella. Die Bakterien entfernten Sauerstoffgruppen aus dem wenig leitfähigen Graphenoxid und überführten es in leitfähiges Graphen. Das entstandene Graphen soll dünner und fester sein, als herkömmlich hergestelltes Graphen. Das biochemische Graphen eignet sich insbesondere für die Herstellung von Biosensoren, um beispielsweise den Glukosespiegel von Diabetikern zu überwachen. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit könnte die Herstellung von ultradünnen, leitfähigen Drähten in Windschutzscheiben sein, um diese von Eis zu befreien. Auch die Produktion von elektrisch leitfähiger Tinte zum Drucken von Schaltkreisen und elektronischen Bauteilen sei denkbar.
Alternative Graphen-Materialien
Schweizer Wissenschaftler der Technischen Hochschule Lousanne haben eine Algorithmus entwickelt, mit dem sie gezielt nach Materialien suchen können, die ähnliche Eigenschaften wie Graphen aufweisen. Mit dem computerbasierten Verfahren konnten rund 1000 Materialien identifiziert werden, die sich möglicherweise als Graphen-Alternativen eigenen. 258 wurden bereits auf ihre magnetischen, elektronischen, mechanischen, thermischen und strukturellen Eigenschaften hin untersucht.
Quellen:
- IDW: Graphen liefert die Basis für den kleinsten Beschleunigungssensor der Welt, 03.09.2019
- IDW: Bakterien helfen bei der Graphen-Produktion, 12.07.2019
- IDW: Graphen macht smarte Kleidung möglich, 06.03.2019
- IDW: Graphen beschert das beste Trinkwasser, 14.02.2019
- IDW: Graphen-Vergoldung schützt Meisterwerke, 13.09.2018
- IDW: Graphen schützt Pipelines effektiv vor Korrosion, 27.08.2018
- IDW: Forscher finden 1000 Graphen-ähnliche Materialien, 08.03.2018
- IDW: Graphen-Beigabe macht Kondome elastischer, 23.05.2016