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Lernpsychologie: vom Behaviorismus zum Kognitivismus

Während behavioristische Lerntheorien äußere Bedingungen ins Zentrum der Betrachtung stellen, stehen bei kognitiven Lerntheorien die innere Repräsentation der Umwelt im Mittelpunkt des Interesses.

Für Behavioristen ist das Verhalten, nicht das Bewusstsein der zentrale Forschungsgegenstand der wissenschaftlichen Psychologie.“

Asanger, Roland & Wenninger, Gerd (1999).
Handwörterbuch Psychologie. Weinheim: Beltz [S. 73]

Die Bezeichnung Behaviorismus für eine wissenschaftliche Methode zur Untersuchung von Verhalten auf Basis einer Reiz-Reaktions-Theorie entstammt dem englischen Wort für „behavior“, also „verhalten“. Dabei wird allein das äußerlich sicht- und messbare Verhalten betrachtet – sämtliche Gefühle und inneren Zustände werden ausgeklammert.

Klassischer Behaviorismus - klassische Konditionierung

„Der strenge Behaviorist stellt sich den Menschen als ein passives Wesen vor, dessen Verhalten ausschließlich unter der Kontrolle der Umwelt steht“

Mietzel, Gerd (1998).
Wege in die Psychologie. Stuttgart: Klett-Cotta. [S. 33]

Als Begründer des klassischen Behaviorismus gilt John Broadus Watson (1878-1956). Er war der Meinung, dass er aus einem Baby alles machen könne, was er wolle, da allein die Umgebung und äußeren Einflüsse für das Verhalten bestimmend sein. Dabei war es Watsons Ziel die Psychologie als eine Naturwissenschaft neu zu begründen, weshalb er ausschließlich „objektive“, beobachtbare Methoden einsetzte. Hieraus resultierte die Reiz-Reaktions-Theorie des Verhaltens. Als Reiz fasste er jede Veränderung in der Umwelt oder im Inneren des Individuums auf. Die inneren Prozesse, welche die Reaktion bedingten, spielen für den klassischen Behaviorist keinerlei Rolle; er konzentriert sich allein auf die Wechselwirkungen zwischen dem Organismus und seiner Umwelt.

Bei der klassischen Konditionierung (auch: Signallernen) spricht man auch von der S-R-Psychologie, wobei S für Stimulus (oder Reize) steht und R für Reaktion. Bei der klassischen Konditionierung werden zwei Reize miteinander verknüpft. Also beispielsweise ein Klingelton mit einem Leckerli für einen Hund. Wiederholt man diese Reizkombination, dann läuft dem Hund schon bald das Wasser im Munde zusammen, wenn er nur den Klingelton hört, wenn also der eigentliche Reiz für die Speichelproduktion (das Leckerli) wegfällt. Die Speichelproduktion ist ein angeborener Reflex, eine natürliche Reaktion auf einen Reiz. Diesen Effekt nutzt auch die Werbung: Hier werden ursprünglich neutrale Reize (ein Produkt) mit einer emotionalen Reaktion verknüpft. So wird beispielsweise gerne der Genuss von Zigaretten mit dem Gefühl von Abenteuer verknüpft.

Radikaler Behaviorismus – operante Konditionierung

„Erzieher und Lehrer können durch Manipulation der Verhaltenskonsequenzen (Belohnung oder Bestrafung) erwünschtes Verhalten stärken und unerwünschtes Verhalten schwächen“
Mietzel, Gerd (1998)
Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens.
Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe. [S. 19]

Die operante Konditionierung hingegen arbeitet mit der Beeinflussung eines gezeigten Verhaltens durch ein Resultat (Belohnung oder Bestrafung) auf dieses Verhalten. Kurz gesagt, wird ein bestimmtes Verhalten mit einer bestimmten Konsequenz verknüpft. Operantes Verhalten ist ein spontanes Verhalten mit dem das Individuum auf seine Umwelt einwirkt und diese beeinflusst. Durch die Auswirkungen auf diese Handlung verändert sich letztlich das Verhalten. Für den Begründer des radikalen Behaviorismus Burrhus Frederic Skinner (1904-1990), ist Verhalten keine passive Reaktion auf Reize, sondern eine spontane Reaktion, die durch anschließende Konsequenzen (Verstärker) geformt wird. Im Rahmen seiner Laborstudien entwickelte er die Skinner-Box, ein reizarmer Käfig für ein Testtier, in dem es standardisiert und weitgehend automatisiert ein neuartiges Verhalten erlernen kann. Die Skinner-Box erfasst die Häufigkeit einer Reaktion sowie die Häufigkeit und die Zeitpunkte der Verstärkung.

Neobehaviorismus = Behaviorismus + Kognitivismus

Der Begriff Kognition leitet sich von dem lateinischen Wort „cognito“ mit der Bedeutung „Erkenntnis / Erkennen“ ab und umfasst alle Prozesse des Wahrnehmens, Denkens, Urteilens und Schließens sowie der Aufmerksamkeit, des Verstehens und dem Lösen von Problemen. Der Kognitivismus gliedert sich in drei Lerntheorien: 1. Lernen am Modell, 2. Lernen durch Einsicht und 3. Entwicklungstufenmodell nach Piaget.

Durch die Einflüsse des Kognitivismus entwickelte sich zum Ende der 1920er Jahre der Neobehaviorismus als eine Kombination aus Behaviorismus und Kognitivismus. Hier werden einige nicht beobachtbare Verhaltensweisen, die im strengen Behaviorismus abgelehnt wurden, mit einbezogen. Der Kognitivismus versucht die Prozesse in der Black-Box, also dem Gehirn, zu erklären und mit einzubeziehen.

Anwendbarkeit der behavioristischen Lerntheorien

Noch heute stützen sich diverse verhaltenstherapeutische Maßnahmen, wie beispielsweise die Desensibilisierung von Patienten mit Phobien und die Behandlung frühkindlichem Autismus sowie moderne Formen des Abrichtens und der Dressur von Tieren auf die Erkenntnisse der behavioristischen Forschung. Auch das Neurolinguistische Programmieren (NLP), Sprachlabors und PC-Programme zum Erlernen einer Fremdsprache sind Nutzanwendungen der behavioristischen Theorie.

 

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