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Selbstschärfende Messer

Ratte - Quelle: Pixabay
Ratte - Quelle: Pixabay

Klingen, scharf wie Rattenzähne, die sich selbst schärfen
Die Nagezähne von Ratten waren Vorbild für selbstschärfende Schneiden aus einem harten und einem weichen Material. Ratten haben eine spitze Schnauze und eine gespaltene Oberlippe. Sie besitzen einen Schneidezahn und drei Mahlzähne pro Kieferhälfte, insgesamt also 16 Zähne. Die Schneidezähne sind wurzellos und wachsen lebenslang nach – müssen also durch Benagen ständig abgerieben werden.

Scharfe Klingen und Schneiden in der Industrie
Stumpfe Messer bedeuten einen höheren Energieverbrauch. Denn wenn die Klingen stumpf sind, muss die komplette Anlage gestoppt werden. Die Messer werden dann ausbaut, geschliffen und wieder eingesetzt. Das bedeutet Stillstandzeiten von mehreren Stunden – und das kommt bei sich schnell abnutzenden Klingen alle paar Tage vor. Stillstand kostet Zeit und damit Geld. Dies betrifft vor allem Betreiber von Recycling- und Kunststoff-Fabriken sowie von Schneidmühlen. Sehr viele Gegenstände werden heute aus Kunststoffgranulat hergestellt. Dazu wird das Granulat in riesigen Schneidmühlen zersägt. Dies stellt hohe Anforderungen an das Klingenmaterial. Es nutzt sehr schnell ab.

Das Geheimnis des Rattenzahns: Abnutzen und Nachwachsen
Nagetiere sind bekannt für ihr immer scharfes Gebiss. Mit dem können sie fast alle Materialien zerkleinern: vom Holz über Beton bis zum Metall. Doch die immerscharfen Zähne von Ratten, Mäusen und Bibern bestehen aus den gleichen Material wie menschliche Zähne. Der Unterschied liegt also nicht im Material begründet, sondern in der Struktur. Unter dem Rasterelektronenmikroskop zeigt sich, dass die Zähne der Nager nicht komplett mit Zahnschmelz überzogen sind. Nur an ihrer Vorderseite besitzen die Zähnchen eine hufeisenförmige, sehr dünne – dafür aber sehr harte – Schmelzkante. Dahinter findet sich das weichere Zahnbein, auch Dentin genannt. Das weiche Dentin wird beim Nagen kontinuierlich abgerieben. Der Zahnschmelz ist jedoch härter und bildet deshalb stets eine scharfe Schnittkante. Weil sich die Zähne dieser Tiere so schnell abnutzen, müssen sie lebenslang nachwachsen. Das tun menschliche Zähne nicht. Die Lösung für immer scharfe Messer lautet somit: Kombiniere ein hartes Material mit einem weichen Material dahinter.

Bionische Adaption des Rattenzahns auf selbstschärfende Klingen
Das physikalische Prinzip war gefunden: weicher Materialien nutzen sich schneller ab, als harte Substanzen. Für die Optimierung eines Schneidmessers stellten Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) in Oberhausen eine Klinge aus Wolframcarbid und Kobalt her. Diese Hartmetallmischung diente als Grundsubstanz und entsprach dem weichen Zahnbein beim Nager. Darüber zogen sie eine dünne Schicht aus einer sehr harten und widerstandsfähigen Keramikschicht, dem Titannitrid. Die Außenkante der Klinge war zudem leicht gewölbt. Dadurch verteilen sich die Belastungen, die beim Scheiden auf die Klinge wirken, gleichmäßiger und das Messer bricht nicht so leicht. Doch die Keramik ist – wie alle Keramiken – recht spröde und splittert deshalb leicht. Auch hier half wieder die Natur. Den bei Rattenzähnen ist der Zahnschmelz in der äußersten Schicht strukturell anders aufgebaut. Analog zum natürlichen Vorbild konstruierten die Bioniker eine Schicht aus Keramikfasern, die dreidimensional miteinander verwoben sind.
Die selbstschärfenden Klingen bringen einen großen Vorteil – müssen sie weniger häufig ausgetauscht werden. Doch ihr Vorbild erreichen sie nicht – denn nachwachsen werden technische Klingen nie.

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