Inspiration für den Fallschirm und alternativer Kautschuk-Lieferant
Die Samen der Pusteblume waren das natürliche Vorbild für Fallschirme. Doch im Löwenzahn steckt noch mehr: Naturkautschuk zum Beispiel.
Die Pusteblume begeisterte die Bioniker bereits sehr früh. Die Samen des Wiesenbocksbart, ragopogon pratensis, aus der Familie der Korbblütler sind das Vorbild für die ersten Fallschirme. Die Samen des Korbblütlers schweben stabil im Wind, da ihr Schwerpunkt weit unten liegt und die tragenden Flächen nach außen hochgebogen sind. Der älteste Entwurf eines Fallschirms stammt aus den 1470er Jahren aus Italien. Es zeigt einen konischen Fallschirm, an dessen kreuzartigem Stangenrahmen sich ein frei in der Luft hängender Mann mit den Händen festhält. Leonardo da Vinci skizzierte um 1485 einen Fallschirm mit quadratischem Holzrahmen und einer pyramidenförmigen Kappe. Fausto Veranzio (1551–1617) ersetzte die Fallschirmkappe durch ein segelartiges Stück Stoff.
Rohstoff Naturkautschuk
Naturkautschuk ist ein begehrter Rohstoff. Der Kautschukbaum zählt zu den Wolfsmilchgewächsen und wird umgangssprachlich auch als Gummibaum bezeichnet. Denn durch Aufschneiden der Baumrinde gewinnt man den zähen und klebrigen Milchsaft. Den Saft nennt man Kautschuk oder Latex. Kautschuk besteht aus elastischen Polymerketten, welche sich durch Zugabe von Schwefel unter Druck und Hitze zu dem Werkstoff Gummi vernetzen. Diesen Prozess bezeichnet man als Vulkanisation. Etwa 30.000 Produkte des täglichen Lebens werden heute aus Natur-Gummi gefertigt. Rund 70 Prozent des gesamten Naturkautschuks wird zur Herstellung von Autoreifen verwendet. Dazu mischt man dem Kautschuk Ruß bei, um eine höhere Härte und größere Reißfestigkeit sowie einen geringeren Abrieb zu erreichen. Ohne Naturkautschuk wären Autoreifen nicht elastisch genug. Weitere Produkte aus Naturkautschuk sind zum Beispiel Kondome, Latexhandschuhe und Katheterschläuche. Gerade im medizinischen Bereich ist Naturkautschuk jedoch problematisch, da er allergische Reaktionen hervorrufen kann. Neben Naturkautschuk existieren synthetische Kautschuke, die aus Erdgas oder Erdöl auf chemischem Wege gewonnen werden.
Kautschukproduktion aus Löwenzahn
Durch steigende Ölpreise wird Naturkautschuk zunehmend interessant für die Industrie. Doch ein Pilz setzt den Kautschukbäumen stark zu. Dehnt sich die Pilzkrankheit weiter aus, so könnte der gesamte Kautschuk-Markt zusammen brechen. Aus diesen Gründen sucht man nach Alternativen. Eine davon ist der Löwenzahn. Die russische Butterblume, Taraxacum koksagyz, enthält einen latexhaltigen Milchsaft – ebenso wie die Gummibäume in Südostasien und Südamerika. Die Idee Löwenzahn zur Kautschukproduktion zu kultivieren ist nicht neu. Bereits im 2. Weltkrieg gewann die Wehrmacht Kautschuk aus russischem Löwenzahn. Löwenzahn enthält Kautschuk im Stängel. Bricht man die Pusteblume ab, so tropft es aus der Pflanze. Allerdings ist dieser Kautschuk schwer zu nutzen, da er sofort polymerisiert. Forscher haben das Enzym entdeckt, welches für diese schnelle Polymerisation verantwortlich ist. Sie haben den Löwenzahn gentechnisch so verändert, dass diese Reaktion nicht mehr erfolgt. Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun den „optimierten“ Löwenzahn auf klassische Weise züchten.
Für die Produktion des Kautschuk ist im Löwenzahn ein spezielles Protein verantwortlich; fehlt es in der Pflanze, entsteht kein Kautschuk. Bislang ist es nicht möglich, Naturkautschuk biotechnologisch herzustellen. Mit der Entschlüsselung der Kautschuksynthese rückt diese Option jedoch näher.
Pusteblume mit vielen Eigenschaften
Der Anbau von Löwenzahn gestaltet sich absolut problemlos. Denn die Pflanze ist genügsam. Löwenzahn wächst auch auf Böden, die zur Produktion von Nutzpflanzen nicht geeignet sind. Auf versauerten Böden sprießt neben Gras nur die gelbe Butterblume. Diesen Namen trägt der Löwenzahn deshalb, weil die Butter der Kühe gelber wird, wenn man sie mit Löwenzahnblüten füttert.
Der Löwenzahn-Kautschuk ruft bisher keine Latex-Allergien hervor und wäre somit ideal für medizinische Produkte, wie Latex-Handschuhe. Neben Naturkautschuk enthält der Löwenzahn viele weitere heilsame Inhaltsstoffe. Löwenzahn ist äußerst gesund und soll helfen gegen Rheuma, Gicht, Hautekzeme und Schuppenflechte. Die Pflanze aktiviert den Stoffwechsel und regt die Nierentätigkeit an. Außerdem enthält Löwenzahn den Süßstoff Inulin. Dieser Zucker wirkt nicht auf den Blutzucker-Spiegel, weshalb man Inulin bei Diabetes als Stärke-Ersatz einsetzen kann. Außerdem durchläuft Inulin den Körper, da dem Mensch das passende abbauende Enzym fehlt. Diese Eigenschaft macht Inulin für Arzneimittel-Kapseln interessant.
Quelle:
- IDW: „Gummi aus Löwenzahn“, 1.09.2009
- IDW: Gummi aus Löwenzahn – Wissenschaftler identifizieren Schlüsselkomponenten der Kautschuk-Entstehung, 28.04.2015