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Bionik: Wassergewinnung nach Art des Nebeltrinker-Käfers

Nebeltrink-Käfer
Nebeltrink-Käfer by Schnobby (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Wasser ist das wichtigste Lebensmittel des Menschen, ohne das er nicht überleben kann. Mindestens ein halber Liter wird täglich benötigt, mit zwei Litern pro Tag erleidet man keinen Durst. Diese Wassermenge kann auch in sehr trockenen Gebieten noch der Luft entzogen werden – vorausgesetzt es stehen ausreichend Kühlmöglichkeiten und Energie zur Verfügung.

Nebeltrinker-Käfer
Der Nebeltrinker-Käfer, Onymacris unguicularis, ist ein Käfer aus der Familie der Schwarzkäfer und lebt in der Wüste Namib. Die Namib ist eine Trockenwüste an der Westküste Afrikas mit einer Ausdehnung von rund 95000 Quadratkilometern. Sie liegt auf dem Gebiet von Namibia und Angola. Bekannt ist die Namib für ihre Sanddünen, die – je nach Sonnenstand und Feuchtigkeitsgehalt – ihre Farben ändern. Die extreme Trockenheit der Namib ist auf küstennahe, kalte Meeresströmungen zurückzuführen. Trotz der lebensfeindlichen Umgebung haben sich auch hier Pflanzen und Tiere angesiedelt, die sich an die besonderen Bedingungen in ganz spezieller Weise angepasst haben, wie zum Beispiel der Nebeltrinker-Käfer. Der etwa zwei Zentimeter große Käfer ist schwarz gefärbt und hat auffällig lange Beine. Diese ermöglichen einen großen Abstand des Rumpfes vom heißen Sand. Die Deckflügel haben kleine Noppen und in der Mitte eine Rinne. Er gewinnt das lebensnotwendige Wasser aus über die Wüste hinweg ziehende Nebelschwaden. Dazu balanciert der Käfer hoch oben auf einem Dünenkamm mit dem Kopf nach unten gesenkt und streckt sein Hinterteil nach oben zum Wind – einem Kopfstand gleich. Er trägt daher auch die Bezeichnung “Kopfstand-Käfer”. Der Nebel kondensiert in kleinen Tröpfchen und das Wasser fließt über die Rinnen seines Rückens direkt in sein Maul. So kann er seinen Durst in der Namib Wüste löschen, in der so gut wie kein Regen fällt. Im trockensten Teil regnet es unter Umständen in zehn Jahren nur ein einziges Mal.

Wassergewinnung aus Nebel
Bereits im Jahr 2005 installierte die Organisation „FogQuest“ eine Wassergewinnungstechnik nach Art des Nebeltrink-Käfers in Chile am Rande der Atacama-Wüste. Dazu wurden spezielle Netze entwickelt, die das Nebelwasser nach dem gleichen Prinzip wie der Wüstenkäfer sammelten. Die Wassertropfen kondensierten an den Machen des Netzes und wurden in einem Wasserbecken gesammelt. Von dort wurde das Wasser über Wasserleitungen weiter geleitet. Diese Entwicklung ist insbesondere für Entwicklungsländer eine kostengünstige und technisch einfache Lösung für die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Trinkwasser. Leider existiert die hier genannte Wassergewinnungsanlage nach dem Käfer-Vorbild nicht mehr. Die Bevölkerung ist zwischenzeitlich so stark angewachsen, dass die aus dem Nebel gewonnenen Wassermengen nicht mehr ausreichten. Kurioserweise ist das starke Bevölkerungswachstum genau auf den Erfolg der Wassergewinnungsanlage zurückzuführen. Heute wird der Ort über eine Pipeline mit Wasser versorgt.
Wissenschaftler arbeiten an der Entwicklung von strukturierten Oberflächen – ähnlich der Noppenoberfläche des Nebeltrink-Käfers. Sie sollen Dächer und Zelte überdecken, um so ausreichend Nebelwasser zu gewinnen.

Architektonische Zukunftsvisionen: Biohüllen für Gebäude
Auch ein Kunststudent greift auf die Technik des Nebentrink-Käfers zurück. So entwarf ein Student der Kunstakademie Stuttgart ein Gebäude mit abstehenden Lamellen. Damit erscheint das Gebäude wie ein riesiger Technokaktus. Die Lamellen spenden Schatten und entziehen der Luft Feuchtigkeit. Das gesammelte Wasser wird über die Lamellen ins Gebäude geleitet und kühlt dieses im Sommer auf angenehme Temperaturen herab.

Quellen:

  • „Bionik – Der Natur abgeschaut“, Birgit Kuhn, Jürgen Brück, Naumann & Göbel Verlag Köln, S. 138, ISBN: 978-3-625-12031-5
  • Das Wüstenkäferprinzip“, Stuttgarter Zeitung, 17.07.2010

 

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