Bakterielle Ausscheidungen stabilisieren Sedimente und binden dadurch Schadstoffe. Die bindenden Eigenschaften macht man sich unter anderem in der Abwasserwirtschaft und Industrie zunutze.
Bakterien und ihre Lebensweise
Die Lebewesen lassen sich in ein Klassifizierungssystem aus drei Domänen einteilen: Bakterien, Urbakterien und Eukaryoten. Während die Eukaryoten einen Zellkern besitzen, fehlt dieser den Bakterien und Archaeen, weshalb man sie zusammengenommen auch als Prokaryoten bezeichnet.
Bakterien wurden zum ersten Mal 1676 von dem Niederländer Antoni van Leeuwenhoek mit Hilfe eines selbst gebauten Mikroskops in Gewässern und im menschlichen Speichel beobachtet. Die Lebensweise von Bakterien ist äußerst vielfältig. So gibt es Bakterien, die Sauerstoff benötigen (aerobe) und andere Bakterien, die ausschließlich ohne Sauerstoff (anaerobe) leben. Einige Bakterienarten sind zur Photosynthese fähig (phototroph). Die meisten gewinnen ihre Energie jedoch durch chemische Stoffumsetzungen; sie sind chemotroph.
Bakterien sind zwischen 0,2 und 2 Mikrometer groß. Manche besitzen zur Fortbewegung eine oder mehrere Geißeln. Bakterien vermehren sich durch Zellteilung. Bei gutem Nahrungsangebot und Temperaturen um 30 Grad Celsius kann sich ein Bakterium alle 15 bis 20 Minuten teilen. Doch mit dieser Massenvermehrung ändern sich auch die Umweltbedingungen, denn die Nahrung wird knapp und giftige Stoffwechselprodukte, die die Bakterien absondern, nehmen zu. Damit geht das Bakterienwachstum zurück. Bei sehr ungünstigen Umweltbedingungen kapselt sich das Bakterium durch eine zusätzliche Zellwand ab. Es bildet eine Spore, die bis zu mehreren Jahren auch unter extremen Umweltbedingungen überleben kann.
Bakterien können Krankheiten hervorrufen, wenn sie in den Körper von Menschen oder Tieren eindringen. Dort setzen sie zell- und gewebeschädigende Enzyme frei oder produzieren Toxine (Giftstoffe). Doch Bakterien treten nicht nur als Krankheitserreger auf. Sie sind auch nützlich und in vielen unserer Nahrungsmittel enthalten (Käse, Joghurt, Wein, Milch, Hefe). Bodenbakterien (Destruenten) zersetzen tote organische Substanzen, wandeln sie in verwertbare Erde um und sind somit von großer ökologischer Bedeutung. Auch in und auf dem menschlichen Körper leben Bakterien. So besiedeln mehr als 10 Billionen Bakterien einen Quadratzentimeter unserer Haut. Und die im Darm lebenden Bakterien helfen uns bei der Verdauung.
Biofilme und ihr Nutzen
In der Natur vorkommende Bakterien leben häufig in Biofilmen zusammen. Biofilme bestehen aus einer Schleimschicht, also einem Film, in der unterschiedliche Mikroorganismen, wie Bakterien, Algen und Pilze zusammenleben. Biofilme bilden sich überwiegend in wässrigen Systemen, entweder auf der Wasseroberfläche oder auf einer Grenzfläche zu einer festen Phase. Biofilme können als die Urform des Lebens gelten, denn die ältesten Fossilien, die man bisher gefunden hat, stammen von Mikroorganismen in Biofilmen, die vor 3,2 Milliarden Jahren gelebt haben.
Die Mikroorganismen scheiden extrazelluläre polymere Stoffe – kurz: EPS – aus. Zusammen mit Wasser ermöglicht der Biofilm das Anheften an Oberflächen. Gleichzeitig reichern die Mikroorganismen in dem Biofilm Nährstoffe an und schützen sich mit dieser umgebenen Schicht vor Austrocknung und Schadstoffen. Sabine Gerbersdorf vom Institut für Wasserbau der Universität Stuttgart hat nun nachgewiesen, dass diese Biofilme Sedimente deutliche Stabilität verleihen. Dabei ist die Zusammensetzung der EPS entscheidend. EPS bestehen nämlich aus einem Gemisch vieler verschiedener Stoffe, wie Zucker, Proteine, Uronsäuren, Huminsäuen, Nukleinsäuren und Fetten. Insbesondere unterschiedliche Zucker und ihre Wechselwirkungen mit Eiweißen wirken sich deutlich auf die Stärke der Verkittung von Sedimenten aus. Die hohe Stabilität von Sedimenten in beispielsweise Küstenzonen oder bei Hochwasser ist wichtig, da in den 1970er Jahren Schadstoffe und Schwermetalle ungeklärt in viele Gewässer eingeleitet wurden, welche sich in den Sedimenten abgelagert haben. Eine Aufwirbelung dieser kontaminierten Sedimente soll verhindert werden. In der Industrie werden die bindenden Eigenschaften der EPS unter anderem in Kosmetika geschätzt.
Quelle:
IDW: Bakterien als Baumeister - Bakterienausscheidungen sorgen für Sedimentstabilität (23.03.2010)