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Nobelpreis für Physik 2016 – Topologie

Was haben Donuts und Brezeln mit theoretischer Physik zu tun?

Donut - Quelle: Pixabay
Donut - Quelle: Pixabay

Der Nobelpreis für Physik 2016 geht an die drei theoretischen Physiker David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz für ihre Forschungsarbeiten im Bereich der Quantenphysik. Eine Hälfte des mit 8 Mill. Schwedischen Kronen (ca. 830.000 Euro) dotierten Nobelpreises erhält Thouless, die andere Haldane und Kosterlitz.

Quantenphysik
Die Quantenphysik befasst sich mit dem Verhalten von kleinsten Teilchen, wie Atome, Elektronen und Elementarteilchen (u.a. Quarks), und ihren Wechselwirkungen zueinander. Und hier gilt: ein Elementarteilchen ist keine Billardkugel – denn für die Billardkugel gelten die Regeln der klassischen Mechanik, während für Elementarteilchen die Regeln der Quantenphysik gelten.

Aus dem Physikunterricht wissen wir, dass ein Teilchen immer einen bestimmten Zustand hat. Nehmen wir einen alltäglichen Gegenstand, z.B. einen Kugelschreiber. Er hat eine bestimmte Farbe, Größe, Form und er befindet sich an einem bestimmten Ort und hat eine bestimmte Geschwindigkeit. In der Welt der winzigen Teilchen verhält es sich jedoch anders. Die Elementarteilchen können nämlich verschiedene Zuständ gleichzeitig annehmen. So kann sich ein Elektron gleichzeitig rechtherum und linksherum drehen; ein Atom kann gleichzeitig ganz und zerfallen sein; ein Lichtteilchen kann sich gleichzeitig links und rechts an einer Trennwand vorbeibewegen etc. Da wir dieses Verhalten aus unserer normalen Welt nicht kennen, fällt es uns schwer sich diese Zustände vorzustellen. Deshalb ist die Quantenphysik so schwer zu fassen.

Topologie
Die Quantenphysik nutzt mathematische Strukturen, um physikalische Prozesse zu beschreiben. Daraus hat sich eine mathematische Metaphysik entwickelt. Die drei Nobelpreisträger haben Methoden der Topologie – einem Teilgebiet der Mathematik im Bereich von Geometrie und Mengenlehre – angewandt, um Phasenübergänge (Zustandsänderungen) von Materialien zu beschreiben. Allgemein bekannt sind die drei Zustände fest, flüssig und gasförmig. Einige Materialien nehmen bei tiefen Temperaturen (0 Kelvin = -273,15°C) jedoch exotische Zustände an. So kann z.B. ein Feststoff dann zu einem Supraleiter werden.
Das Wort Topologie stammt aus dem Griechischen, topos bedeutet Raum oder Ort. In der Topologie gilt: Zwei Räume sind als gleich anzusehen, wenn sie durch Biegen, Strecken oder Dehnen ineinander verformt werden können. So sind aus Sicht der Topologie eine Kugel und ein Würfel nicht zu unterscheiden; sie sind homöomorph, da sie sich ineinander überführen lassen. Gleiches gilt für einen Donut und eine Tasse – beide haben ein Loch und lassen sich deshalb ineinander überführen. In der Topologie ist also die Anzahl der Löcher entscheidend. Ein Donut und ein Brezel hingegen unterscheiden sich in der Anzahl ihrer Löcher (Donut = 1 Loch, Brezel = 2 Löcher), sie sind nicht homöomorph. Eine Brezel lässt sich also nicht so leicht (z.B. durch Drücken und Verformen) in einen Donut überführen, dazu müsste man die Struktur aufbrechen. Und genau solche Zustandsänderungen habe die drei Nobelpreisträger untersucht und mittels mathematischer Methoden beschrieben.

Tasse und Torus sind zueinander homöomorph - Quelle: Wikimedia Commons
Tasse und Torus sind zueinander homöomorph - Quelle: Wikimedia Commons

Bedeutung für die weitere Forschung
Thouless und Kosterlitz fanden Anfang der 70er Jahre die Gesetzmäßigkeiten für die Phasenübergänge in ultradünner, kalter Materie. Das schuf die Basis für ein neues Kapitel der Festkörperphysik. Haldane arbeitete zeitweise mit Thouless zusammen. Er übertrug die Ergebnisse seiner Kollegen auf extrem dünne Fadenstrukturen, womit er die Gesetze von zweidimensionalen auf quasi eindimensionale Strukturen übertrug.
Die Pionierarbeit von Thouless, Haldane und Kosterlitz motivierte bereits in den letzten Jahrzehnten zahlreiche andere Forschungsgruppen, sich für die Topologie zu interessieren - und diese in physikalischen Systemen aufzuspüren. Eine direkte Anwendung gibt es allerdings für das Donut-Brezel-Phänomen noch nicht. Doch Physiker hoffen, mit Hilfe dieser topologischen Materialien, in der Zukunft z.B. elektronische Bauteile für Smartphones oder Computer entwickeln zu können, die sich weniger stark erhitzen als bisher oder die besonders robust gegen Störungen von außen sind. Auch bei der Entwicklung von Quantencomputern könnten topologische Supraleiter zum Einsatz kommen.

Quellen:

 

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