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Warum der Nacktmull keinen Schmerz empfindet

Nacktmull - By Roman Klementschitz, Wien (Own work) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Der Nacktmull (Heterocephalus glaber) ist ein mausähnliches Nagetier, das in den Halbwüsten Ostafrikas lebt. Nacktmulle leben in Kolonien von bis zu 300 Tieren in unterirdischen Höhlensystemen in weiten Teilen Somalias, Zentral-Äthiopien sowie im Norden und Osten Kenias.
Obwohl Nacktmulle Säugetiere sind, leben sie in Organisationen, die dem eines Insektenstaates gleicht. Wie bei Ameisen- oder Bienenstaaten  wird eine Kolonie von einer Königin geführt. Die Königin ist deutlich größer als die übrigen Weibchen und bringt als einzigstes weibliches Tier Junge zur Welt. Die anderen Weibchen sind unfruchtbar. Die "Arbeiter" graben die unterirdischen Gänge und die "Soldaten" bewachen die Höhleneingänge.

Nacktmulle können fünf bis 15 Zentimeter lang werden und wiegen zwischen 30 und 50 Gramm. Sie haben eine faltige, rosafarbenen Hau; sind aber nicht gänzlich nackt. Ihre Haut ist mit besonders feinen Härchen bedeckt, in denen sich keine Parasiten festsetzen können. Im Gesicht und an den Beinen haben Nacktmulle Tasthaare. Nacktmulle sind fast blind. Auffallend sind ihre großen Nagezähne, die sie wie Schaufeln einsetzen. Sie liegen außerhalb des Mundes, so dass sie die Lippen beim Graben schließen können und somit keinen Dreck in den Mund bekommen. Die Nagezähne können sogar einzeln bewegt werden.
Nacktmulle können sogar ihre Körpertemperatur zwischen 12°C und 32°C den schwankenden Temperaturen in den Höhlen anpassen, obwohl sie gleichwarme Tiere sind. Das hilft, bei unterschiedlichen Temperaturen Energie zu sparen.
Ihr äußeres Erscheinungsbild ist somit eine Anpassung an ihr leben in den dunklen Höhlen.

Langes Leben ohne Krebs
Nacktmulle werden im Vergleich zu anderen Nagetieren sehr alt. Ihre Lebenserwartung liegt bei über 15 Jahren.  Außerdem  Erkranken sie nicht an Krebs; ihre Zellen altern kaum. Der Grund hierfür liegt in der Kontaktinhibition (Zellkontakthemmung), die bei den Nacktmullen besonders stark ausgeprägt ist. Die Zellkontakthemmung bezeichnet die Eigenschaft von Zellen, das Zellwachstum und die Zellteilung ab einer bestimmten Zelldichte einzustellen. Damit wird ein übermäßiges Wachstum von Zellen unterdrückt. Ausgelöst wird die Kontaktinhibition durch den Kontakt der Zellen untereinander. Bei Krebs ist diese Kontaktinhibition außer Kraft gesetzt, daher wachsen Tumore unkontrolliert und breiten sich im Körper aus.  Nacktmull-Zellen besitzen eine ganz besonders sensible Kontaktinhibition, die sie vor Krebs schützt.

Geringes Schmerzempfinden
Bei einer Entzündung oder Verletzung der Haut wir das umgebende Gewebe überempfindlich. Dies ist eine wichtige Warnfunktion des Körpers, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Ein Beispiel ist, dass bei einem Sonnenbrand die Haut auch bei geringen Temperatur-Reizen schon schmerzt. Diese Art der übermäßigen Schmerzempfindung wird thermische Hyperalgesie genannt.

Als Hyperalgesie wird in der Medizin eine übermäßige Schmerzempfindlichkeit und Reaktion auf einen üblicherweise schmerzhaften Reiz hin bezeichnet, aber auch eine Schmerzreaktion gegenüber normalerweise nicht-schmerzhaften Reizen.

Der Nacktmull ist gegenüber diesen Entzündungsschmerzen immun – er empfindet keinen oder nur sehr geringen Schmerz. Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholz-Gemeinschaft (MDC) fanden nun den Grund dafür heraus:
Bei Entzündungen oder Verletzungen wird ein Nervenwachstumsfaktor (NGF) ausgeschüttet. Dieser bindet an ein Eiweißmolekül, den TrkA-Rezeptor, an der Oberfläche von spezialisierten Nervenzellen. TrkA leitet das Schmerzsignal ins Innere der Nervenzelle, woraufhin eine Kaskarde von biochemischen Signalen ausgelöst wird, die die Zelle überempfindlich macht. Bei Nacktmullen ist dieser Rezeptor jedoch etwas anders aufgebaut, wodurch die Überempfindlichkeit deutlich herabgesetzt wird. Der Nacktmull reagiert erst bei einer zehnfach höheren NGF-Konzentration.

Für den Nacktmull ist es evolutionär gesehen sinnvoll, bei Entzündungen und Verletzungen weniger empfindlich zu sein. Denn schließlich leben die Tiere dichtgedrängt in unterirdischen Gängen. Für die Schmerztherapie können die neuen Ergebnisse bedeutsam sein, da die Mechanismen zur Entwicklung von Medikamenten gegen chronische Schmerzen genutzt werden können.

Quellen:

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