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Biosensorik: Sehen mit den Armen

Schlangenstern
Schlangenstern by Olaf Tausch (Own work) [GFDL or CC BY 3.0], via Wikimedia Commons
Das Mikrolinsen-System der Schlangensterne ist Vorbild für neue optische Systeme. Schlangensterne, Ophiuroidea, gehören zu den Stachelhäutern, zu denen auch Seesterne und Seeigel zählen. Sie leben in bis zu 7000 Metern Meerestiefe. Als nahe Verwandte der Seesterne besitzen Schlangensterne ebenfalls fünf Arme, die unter anderem der Fortbewegung dienen. Verlieren Sie einen ihrer Arme an einen Fressfeind, so können sie den Arm nachwachsen lassen, ähnlich wie der Axolotl.

Mikrolinsen blicken in alle Richtungen
Doch der Schlangenstern verfügt über noch ein anderes bionisch interessantes Phänomen: Lange Zeit glaubte man, dass diese Lebewesen über keinerlei Sehsinn verfügen. Im Jahr 2001 entdeckten Wissenschaftler, dass das Skelett der Schlangensterne mit zahlreichen Kristall-Linsen überzogen ist. Die Linsen bestehen aus Kalzit, auch als Kalkspat, bezeichnet. Es handelt sich dabei um sogenannte Einkristalle mit der Größe von drei hundertstel Millimetern. Hunderte dieser Mini-Linsen bilden zusammen eine Art Facettenauge, wie es bei den Insekten verbreitet ist. Außer bei den ausgestorbenen Trilobiten ist ein solches Seh-System bei keiner anderen Tierart bislang bekannt.
Das Licht, welches durch die Kristall-Linsen tritt, wird nicht gestreut, da die optische Achse des Kristalls senkrecht zur Linse steht. Somit kommt es auch zu keinen Abbildungsfehlern, dass sich mehrere Lichtstrahlen nicht in einem Bildpunkt treffen. Somit verfügt der Schlangenstern über perfekte Linsen. Die einfallenden Lichtstrahlen treffen auf Nervenbündel, die als Fotorezeptor fungieren. Da die Linsen über den gesamten Körper verteilt sind, kann der Schlangenstern, Schatten, die sich ihm aus unterschiedlicher Richtung nähern, erkennen und in eine Spalte flüchten.

Eingebauter Blendeneffekt
Jede einzelne Linse auf der Oberfläche des Schlangensterns ist von unzähligen kleinen Poren umgeben. Es handelt sich hierbei um Pigmentporen, durch die eine Flüssigkeit austreten kann. Je nach Stärke des einfallenden Lichts, tritt durch die Poren eine Flüssigkeit aus, die die Linsen bedeckt. Damit verfügt der Schlangenstern quasi über eine eingebaute Sonnenbrille. Für den Betrachter verändert sich durch diesen Effekt das äußere Erscheinungsbild. So sind Schlangensterne am Tage hell und in der Nacht fast schwarz – sie verändern also ihre Farbe, wie man es bislang nur von Chamäleons kannte.

Bionische Anwendungsmöglichkeiten
Von den optischen Fähigkeiten des Schlangensterns kann die optische Industrie viel lernen. So können beispielsweise synthetische Mikrolinsen im Bereich der Nanotechnologie hergestellt werden. Sie können als flexible, photolithographisch Schablonen oder auch als 3-D-Bio-Linsen in unterschiedlichen optischen Geräten eingesetzt werden. Auch Linsen mit integriertem Farbfilter und neuartigen Blendensystemen sind denkbar.
Aber auch die doppelte Funktion ein und demselben Materials für unterschiedliche Zwecke, gibt Anregungen für neue intelligente Werkstoffe. Denn der Schlangenstern, verwendet das Material Kalzit gleichzeitig als mechanische Stütze und als optisches System. Dies zeigt wiederum einmal, wie die Natur im Laufe der Evolution ein Material für mehrere Funktionen gleichzeitig optimiert.

Quellen:

 

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