Die Haut ist das vielseitigste Organ der Lebewesen. Sie dient der Abgrenzung des Körpers zur Umwelt, dem Schutz vor Umwelteinflüssen, ist erste Barriere für Keime und nimmt Informationen über Temperatur, Druck und Schmerz wahr. Es ist daher nicht erstaunlich, dass mehrere Forscherteams im Bereich der Robotik und Sensorik an der Entwicklung einer künstlichen Haut arbeiten.
In 2011 gelang zwei amerikanischen Forscherteams, eines von der University of Berkeley und eines von der Stanford University, erste Ergebnisse für eine fühlende Kunsthaut zu entwickeln. Auch in Deutschland gibt es Forschungsbestrebungen zur Entwicklung einer fühlenden Haut für Roboter. Hier geht man den multifunktionalen Weg: die Roboterhaut vereint mehrere Arten von Sensoren in fünf Quadratzentimeter kleinen, sechseckigen Plättchen.
Transistoren aus Nanodrähten
Wissenschaftler der University of Berkeley haben ein Material aus Halbleiter-Nanodrähten entwickelt, das auf Druck reagiert. Die künstliche Haut besteht aus zwei Schichten: Die untere enthält Transistoren aus anorganischen Nanodrähten, die obere elektrisch leitfähiges Gummi, das mit Kohlenstoffnanoröhren angereichert ist. Wird die Gummischicht eingedrückt, ändert sich ihr elektrischer Widerstand. Diese Änderung registrieren die Transistoren darunter. Diese Doppel-Schicht-Konstruktion kann man in sehr dünne und biegsame Folien einbringen, wodurch eine zusammenhängende künstliche Haut entsteht. Sie reagiert zum Beispiel bei einem Druck, der bei Tippen auf eine Tastatur ausgeübt wird.
Silikon und Nanoröhren
Die durchsichtige und dehnbare Haut des Forscherteams aus Stanford besteht aus Silikonlagen, auf die eine Flüssigkeit mit Nano-Kohlenstoff- Röhrchen gesprüht wird. Zieht man die Haut auseinander, formieren sich die Röhrchen wie kleine Federn und ziehen die Haut beim Loslassen wieder zusammen. Aus dieser Kunsthaut lässt sich ein Sensor bauen: Dazu werden mehrere Lagen des Silikons aufeinander gelegt, nachdem sie mit den Nanoröhrchen besprüht wurden. Wird auf diese Schichten Druck ausgeübt, lässt sich eine Änderung im elektrischen Feld messen. Dabei wird nicht nur die Berührung an sich – wie auf einem Touch-Screen – sondern auch die Druckintensität erfasst.
Video (engl.): Nanotube Springs Stretch Skin-Like Sensor
Multisensor in Sechseck
An der Technischen Universität München (TUM), arbeiten Wissenschaftler an sechseckigen Plättchen, die mehrere Sensoren beinhalten. Dazu zählen bislang vier Infrarotsensoren, sechs Temperatursensoren und ein Beschleunigungssensor. Die Infrarotsensoren registrieren, wenn ein Gegenstand oder eine Person sich dem Roboter nähern und simulieren eine leichte Berührung. Diese Information versetzt den Roboter in die Lage zurückzuweichen, wenn er ein Objekt berührt. Diese Tatsache ermöglicht mehr Sicherheit im Umgang mit Menschen. Der Beschleunigungssensor gibt dem Roboter die Information über seine eigenen Bewegungen. Die sechseckigen Plättchen können zu einer wabenartigen Fläche zusammengefügt werden und leiten die Informationen der anderen Sensoren von Plättchen zu Plättchen an einen Zentralrechner. Der Vorteil hierbei ist, dass wenn ein Sensor defekt ist, die Informationsweiterleitung nicht unterbrochen wird.
Eine Möglichkeit des Einsatzes von künstlicher Haut ist es, diese mit System mit künstlicher Intelligenz zu verbinden. Eine weitere Möglichkeit liegt im Einsatz der künstlichen Haut bei Prothesen. So könnte zukünftig die Funktionalität verlorener Haut bei Amputierten oder Brandopfern wiederhergestellt werden. Dadurch dass zum Beispiel humanoide Roboter dem Menschen immer ähnlicher werden, steigt auch die Akzeptanz. Die Ausstattung von Dienstleistungs- oder Haushaltsrobotern mit sensibler Haut bringt zudem Sicherheit im Umgang mit den Robotern, da sie Gefahren und Hindernisse erkennen und angepasst reagieren können.
Quellen:
- Neue Züricher Zeitung: Roboter mit künstlicher Haut, 14.11.2011
- Heise: Künstliche Haut für Roboter und Prothesen, 14.09.2010
- Golem: Eine Haut für Roboter, 30.06.2011