Springe zum Inhalt

Die Hattie-Studie – Visible Learning (Lernen sichtbar machen)

Bei (Meta)-Studien genau hinsehen - Quelle: Pixabay
Bei (Meta)-Studien genau hinsehen - Quelle: Pixabay

2009 hat John Hattie die Studie „Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement" veröffentlicht. Es handelt sich dabei um eine Meta-Studie, die mehr als 50.000 Einzelstudien zur Wirksamkeit von Lehren und Lernen berücksichtigt und miteinander in Beziehung setzt.

Hattie (geb. 1950) ist Professor für Erziehungswissenschaften und Direktor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne (Australien). In seinen Forschungen beschäftigt er sich vor allem mit Einflussfaktoren auf gelingende Schülerleistungen, mit Kreativität und Modellen des Lehrens und Lernens.

Was ist eine Meta-Analyse?
Eine Metaanalyse ist eine Zusammenfassung von Primär-Untersuchungen zu Metadaten, die mit quantitativen, statistischen Mitteln arbeitet. Es handelt sich also um eine Analyse von Analysen mit dem Ziel eine statistische Aussage über die Summe an Einzelergebnisse zu formulieren.

Hattie hat für seine Studie über 800 Mata-Analysen berücksichtigt, die wiederum auf rund 50.000 Studien mit insgesamt ca. 250 Millionen Lernenden zurückgreifen. Die in Deutschland wohl bekannteste Studie PISA basiert auf „nur“ einer Million Schülerinnen und Schülern.
Wichtig ist auch, dass die meisten der verwendeten Studien aus Amerika stammten und somit nur bedingt auf europäische Bildungssysteme übertragbar sind.

Effektstärke
Damit alle diese verschieden angelegten Studien miteinander in Beziehung gesetzt werden können, errechnete Hattie jeweils Effektstärken nach der Formel:

Effektstärke = [Mittelwert der Interventionsgruppe – Mittelwert der Kontrollgruppe] / Standardabweichung

Hattie-Ranking
Aus den errechneten Effektstärken hat Hattie eine Rangliste mit 138 Einflussgrößen auf den schulischen Lernerfolg erstellt. Auf Platz 1 steht die „Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus“. Auf dem letzten Plätzen rangieren Nicht-Versetzung, Fernsehen und Schulwechsel. Im oberen Drittel finden sich Faktoren wie Klarheit der Lehrperson, Feedback und Lehrer-Schüler-Beziehung.
Betrachtet man diese Rangliste nur oberflächlich, so kann man leicht falsche Schlüsse ziehen.

Beispiel: Hausaufgaben
Sie stehen auf Platz 88. Doch aus diesem Ergebnis abzuleiten, dass Hausaufgaben nichts bringen und somit abgeschafft gehören, ist falsch. „So weist Hattie selbst darauf hin, dass dieser Wert differenziert zu betrachten ist: In höheren Klassenstufen der High School (im deutschsprachigen Raum betrifft dies z.B. die Gymnasien besonders stark) bringen Hausaufgaben mit Blick auf mathematische, sprachliche und naturwissenschaftliche Kompetenzen mehr als in der Grundschule. Je höher also die Klassenstufe, desto effektiver sind tendenziell Hausaufgaben. Also keine Hausaufgaben in der Grundschule? Nein. Hausaufgaben im Gymnasium können nur dann effektiv sein, wenn die Verantwortung dafür, die damit verbundene Arbeitskultur und die Selbstverpflichtung, eben schon von Anfang an gelernt wurde. Auch wenn in der Grundschule die Effekte auf Mathematik und Deutsch geringer sind, darf man daraus nicht vorschnell den Schluss ziehen, dass Hausaufgaben hinfällig sind. (vgl. Zierer, 2013)“*

Beispiel: Sommerferien
Sie stehen auf Platz 134 von 138! „Für viele liegt damit auf der Hand: Sommerferien sind schädlich […]“ *. Hier muss berücksichtigt werden, dass die Länge der Sommerferien von Land zu Land variieren. Sie können im Extremfall bis zu drei Monate lang sein. Aber es ergeben sich dadurch auch positive Effekte, die wertvoll für die Entwicklung sind: Zeit mit Eltern und Freunden verbringen oder auch mal Langeweile aushalten können.

Kritik
Auch bei der Betrachtung von Lehrmethoden ist Vorsicht geboten. Hier werden immer nur Einzelfaktoren betrachtet. Setzt man diese jedoch ergänzend ein, kommt ein ganz anderes Ergebnis dabei raus. „Hattie nutzt für seine Hauptaussagen (Ranglisten der Domänen und Faktoren) ausschließlich quantitative Forschung, die auf Gruppen- und Zeitvergleiche zurückgreift. Qualitative Ansätze werden von Hattie kaum genutzt und wenn, dann nur zur Unterstützung von Interpretationen für spezifische Teilergebnisse. […] Im Kern wird angezweifelt, dass man aus dem Zusammenfassen von verschiedenen Zusammenfassungen mehrerer Studien überhaupt noch etwas Gültiges aussagen kann.“*

Ebenfalls ist zu beachten, dass die Einflüsse auf spezifische Lernergebnisse, wie beispielsweise Verbesserung beim Addieren oder ein besseres Verständnis der Lautbildung, größer sind, als wenn ein allgemeineres Lernergebnis, wie etwa das Zahlenverständnis oder das Lesen, betrachtet werden.

Des Weiteren wird kritisiert, dass wenn man „schlechte Daten“ in eine solche Meta-Analyse einfließen lässt, auch entsprechend schlechte Ergebnisse erhält („garbage in – garbage out“ *). Dies betrifft also die Auswahl derjenigen Studien, die berücksichtigt werden. So flossen in die Basis-Studien Ergebnisse aus den 1960er-Jahren oder noch älter ein. Diese Daten sind heute gar nicht mehr aktuell und moderne Entwicklungen werden somit in der Hattie-Studie kaum berücksichtigt.

Quelle:
Die Hattie-Studie erschien in deutscher Übersetzung unter dem Titel "Lernen sichtbar machen" im Schneider Verlag.

John Hattie: Lernen sichtbar machen, Schneider Verlag, 2013 ISBN: 978-3-8340-1190-9

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen