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Memristoren – Nano-Elektronikbauteil

Ähnlich wie der Begriff „Bionik“ ein Kunstwort aus den Forschungsbereichen Biologie und Technik ist, ist auch der Name für das neuartige Elektronikbauteil „Memristor“ eine Kombination aus den englisch-sprachigen Bezeichnungen für memory (Speicher) und resistor (elektrischer Widerstand).
Ein Memristor ist – nach Widerstand, Kondensator und Spule – das vierte passive elektrische Bauelement. Dieses Bauelement ähnelt von seiner Funktionsweise her einem Transistor. Das Besondere an dem Zwitter aus elektrischem Widerstand und bipolarem Speicherelement ist jedoch, dass er seinen Widerstand abhängig von der Menge und Richtung der angelegten Spannung ändert. Der aktuelle Widerstand des Memristors wird also bestimmt durch die Richtung und Menge der Ladungen, die bereits durch ihn hindurch geflossen sind. Und - anders als beispielsweise DRAM (Dynamisches RAM) "vergisst" der Memristor nichts, auch nicht, wenn keine Spannung mehr anliegt. Der Nutzer kann daher sofort nach dem Anschalten eines Gerätes mit Memristor-Technik da weiterarbeiten, wo er das letzet Mal aufgehört hat. Der zweite Vorteil, gerade für mobile Geräte, ist der wesentlich geringere Energiebedarf sowie die geringere Empfindlichkeit dieser Bauelemente.

Miniaturisierung der Elektronik
Die Entwicklung der Memristoren könnte eine echte Revolution in der Elektronik-Geschichte werden. Denn bisher sind Prozessoren – einfach gesagt – Transistoren. Bei der Herstellung von Transitoren gibt es jedoch eine Untergrenze hinsichtlich der Größe. Das bedeutet, dass Transistoren nicht beliebig klein werden können. So ist der Flash-Speicher beziehungsweise Digitale Speicherchips in dieser Hinsicht nahezu ausgereizt; die Leistungsmerkmale lassen sich nicht mehr wesentlich optimieren. Memristoren jedoch können weit unterhalb der Transitoren-Grenze hergestellt werden. Aus diesem Grunde könnten Memristoren in Zukunft Flash-Speicher ersetzen, da sie auf kleinem Raum deutlich mehr Datenkapazität bereitstellen können. Zudem lassen sich Memristoren auch mit den herkömmlichen Transistoren vereinigen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass sich die Memristoren nicht wie Transistoren linear-, sondern dreidimensional verknüpfen lassen. Es können also von verschiedenen Einheiten mehrere Dinge gleichzeitig verarbeitet werden, und das alles in einem Prozessorkern statt in mehreren. Das schafft ganz neue Möglichkeiten und würde vor allem die Rechengeschwindigkeit exponentiell erhöhen.

Entdeckung und Wiederentdeckung der Memristoren-Technik
Bereits im Jahr 1960 veröffentlichte der Stanford-Professor Bernhard Widrow einen Artikel über ADALINE (adaptive lineare Neuronen), welche elektrochemische Zellen, sogenannte "Memistoren" (ohne "r") verwendeten, die wie künstliche Synapsen von Neuronen arbeiteten. Etwas zehn Jahre später veröffentlichte der Mathematiker Leon Chua, Professor an der Berkeley-Universität, eine Arbeit, in der er das Konzept der Memristoren (jetzt mit „r“) beschrieb. Doch die technischen Möglichkeiten reichten nicht aus, um Memristoren nach diesem theoretischen Konzept umzusetzen. So geriet diese Idee zunächst in Vergessenheit bis ein Mitarbeiter des Computerkonzerns Hawlett Packard (HP) die Veröffentlichung von Chua zufällig in die Hände fiel. Er gab die Aufzeichnungen an seinen Chef, Stan Williams, weiter. Es dauerte mehrere Jahre bis dem Physiker eine passende Idee für die technische Umsetzung der Memristoren kam. Neu ist heute also nicht das Prinzip des Memristors, sondern die zu seiner Realisierung verwendete Technologie.
Die Funktionsweise eines Memristors ist demnach mit der von Synapsen im menschlichen Gehirn vergleichbar. Ein Memristor in Maschinen funktioniert nach dem gleichen synaptischen Prinzip. Somit lassen sich möglicherweise lernende Maschinen bauen, die sich ähnlich wie das menschliche Gehirn verhalten, aber wesentlich leistungsfähiger wären.

Anwendungsgebiete für Memristoren
Die Art der Speicherung bei Memristoren prädestiniert diese für Anwendungen im Bereich der künstlichen neuronalen Netzwerke. Damit ist etwa ein Einsatz im Bereich der Regelungstechnik, der Audioverarbeitung (z. B. Rauschunterdrückung, Spracherkennung), der Bildverarbeitung (z. B. Objekterkennung) oder des Neuromorphings denkbar. Dabei ersetzen Memristoren Transistoren zur Simulation von Synapsen. Da eine solche Simulation viele Transistoren erfordert, kann der Einsatz von Memristoren die Größe der Schaltung und damit die Kosten reduzieren.

Doch diese Technologien liegen noch in weiter Ferne. Die ersten Einsatzgebiete für Memristoren wird wohl der Ersatz für Flash-Speicher sein. Damit würden Memristoren zunächst in MP3-Playern, auf USB-Sticks oder auf Speicherkarten für Digitalkameras eingesetzt werden. Im nächsten Schritt könnten die Memristoren dann SRAM, SSDs und Festplatten ablösen.

Neben der viel geringeren Stromaufnahme würden Rechner, die mit Memristoren ausgestattet sind, u. a. auch den Vorteil bieten, nach dem Einschalten ohne Booten sofort betriebsbereit zu sein. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Memristor, wenn er mit Hilfe von Wechselstrom ausgelesen wird, seinen Speicherinhalt beibehält. Damit ließen sich unfassbar flache Laptops, die unmittelbar nach dem Einschalten betriebsbereit sind und Speicherplatz für ganze Filmbibliotheken bieten, herstellen.

Darüber hinaus sollen Prozessoren mit Memristoren die Silizium-Komponenten ersetzen, die etwa in E-Book-Reader-Displays verwendet werden. Überhaupt könnte man dank der neuen Bausteine bei vielen Geräten auf Silizium-Bestandteile verzichten.

Quellen:

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